F1-Technik: Neuerungen bei Ferrari und Mercedes beim GP Belgien in Spa
Mercedes und Ferrari waren bei der Rückkehr aus der Formel-1-Sommerpause 2017 auf und neben der Strecke in ein Duell verwickelt, an dem auch die FIA beteiligt ist.
Foto: Giorgio Piola
Formel-1-Technik mit Giorgio Piola
Giorgio Piola analysiert und erklärt die Technik in der Formel 1!
Die Formel 1 hat mit dem Grand Prix von Belgien in Spa-Francorchamps den 2. Teil der Saison 2017 unter die Räder genommen. Dabei standen neben der Action auf der Strecke auch strategische Intrigen im Mittelpunkt. Diese wurden hinter den Kulissen abgehalten und haben zum Ziel, sich technisch einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen.
Konkret geht es wieder einmal um das Thema Ölverbrennung, das am Belgien-Wochenende neu aufgerollt wurde.
Das Prinzip, im Zuge des Verbrennungsvorgangs im Motor auch Öl zu verbrennen, ist alles andere als ein neuer Trick. Vielmehr tüfteln die Hersteller schon seit geraumer Zeit auf diesem Gebiet, um das Maximum aus ihren Antriebseinheiten herauszuholen und damit ihren Teams einen Vorteil zu verschaffen. Dabei geht es um Steigerung der Motorleistung und gleichzeitig um Senkung des Spritverbrauchs.
Als zu Beginn der Saison 2014 die aktuellen V6-Triebwerke eingeführt wurden, rückte das Thema Ölverbrauch in den Mittelpunkt. Die Hersteller wollten einen Weg finden, möglichst schnell an die Leistungswerte aus der V8-Ära heranzukommen, wenngleich die neuen Motoren deutlich kleiner waren und weniger Sprit verbrauchen durften. Ein ganz wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist die enge Zusammenarbeit zwischen Motorenhersteller und Spritlieferant.
Ölverbrennung: Mercedes kommt Restriktion zuvor
Mercedes suchte in Spa nach einem Weg, den Wortlaut der neuesten Technischen Direktive der FIA zum Thema Ölverbrennung zum Vorteil für sich zu nutzen. So wurden die Autos von sowohl Lewis Hamilton als auch von Valtteri Bottas mit dem jeweils letzten Exemplar ihres straffreien Kontingents an Verbrennungsmotor, Turbolader und auch MGU-H ausgerüstet.
Das ist ein nicht zu unterschätzender Fakt. Schließlich bedeutet er, dass Mercedes nun ein Aufgebot an Verbrennungsmotoren einsetzt, die in puncto Ölverbrennung am oberen Limit operieren darf, wie es von der FIA in der 1. Saisonhälfte festgesetzt wurde: 1,2 Liter Öl auf 100 Kilometern.
Somit kam Mercedes der Reduktion des Ölverbrauchs zuvor. Die neue Technische Direktive der FIA besagt, dass ab dem Grand Prix von Italien in Monza jede Antriebseinheit, die im Kontingent eines Fahrers erstmalig verwendet wird, ab diesem Zeitpunkt nur noch maximal 0,9 Liter Öl auf 100 Kilometern verbrauchen darf. Für die Saison 2018 gilt dann eine Obergrenze von 0,6 Litern Öl auf 100 Kilometern.
Bildergalerie: GP Belgien in Spa
Weil Mercedes in Spa neue Antriebseinheiten einbaute, dürfen Hamilton und Bottas weiterhin mit einem Ölverbrauch von 1,2 Litern auf 100 Kilometern fahren. Sollte es zu einem Motorschaden kommen, würden die Mercedes-Piloten eine Startplatzstrafe bekommen und müssten mit der dann neuen Antriebseinheit mit der nun gültigen Vorgabe von 0,9 Litern Öl auf 100 Kilometern fahren.
Zwar hat Mercedes betont, dass Berechnungen am Belgien-Wochenende gezeigt hätten, dass man sich unterhalb der Marke von 0,9 Litern Öl auf 100 Kilometern bewegte. Dies schließt jedoch nicht aus, dass man den Verbrauch bei kommenden Rennen, sofern notwendig, erhöhen kann.
Ferrari geht anderen Weg
Ferrari hätte am Belgien-Wochenende ebenfalls die Möglichkeit gehabt, für seine beiden Fahrer das jeweils letzte Exemplar ihres straffreien Kontingents an Antriebseinheiten einzuführen. Die Scuderia hat sich aber dagegen entschieden und hat somit keine Chance mehr, bis zu 1,2 Liter Öl auf 100 Kilometern zu verbrennen.
Es gibt Gerüchte, dass Ferrari in Monza, oder später, eine neue Antriebseinheit bringen will, die von neuen Kolben in 3D-Druck profitieren soll. Dieser neue Motor wird hinsichtlich des Ölverbrauchs genau untersucht werden. Die FIA hatte Ferrari schon am Wochenende des Grand Prix von Aserbaidschan in Baku angewiesen, einen zusätzlichen Öltank aus dem SF70H zu entfernen.
Dieser Öltank, in welchen dem Vernehmen nach ein anderes Öl eingefüllt wurde als in den Hauptöltank an der Vorderseite des Motors (2015 noch oben liegend), hatte folgende Aufgabe: Auf Wunsch des Fahrers (mittels Knopfdruck am Lenkrad) konnte das zusätzliche Öl in den Motorkreislauf gelangen. Damit verfolgte Ferrari ein ähnliches Prinzip wie Renault vor einigen Jahren mit der sogenannten "Ölbombe".
Dank des zusätzlichen Öltanks konnte Ferrari bis Baku dem Vernehmen nach ein aggressiveres Motoren-Mapping wählen, sofern dies notwendig war. Für die kommende Saison ist das Thema ohnehin vom Tisch, denn im Artikel 20.3 des Technischen Reglements gibt es für 2018 einen Zusatz, der besagt, dass ein Fahrer während eines Rennwochenendes nicht mehr als ein Öl verwenden darf.
Da sich Ferrari von seinem System abkehren musste, ist das Entwicklungsprogramm des SF70H mit Sicherheit gestört worden. Es liegt aber der Verdacht nahe, dass Ferrari ohnehin parallel entwickelt hat. Einen Vergleich anzustellen, fällt schwer. Das Ferrari-Kundenteam Haas jedenfalls scheint das System mit zusätzlichem Öltank nicht sonderlich zu seinem Vorteil nutzen zu können.
Aerodynamische Weiterentwicklung
Was die Aerodynamik des Autos betrifft, hatte Mercedes in Spa nicht so viele Neuerungen dabei wie es von manchen erwartet worden war. Das dreimalige und amtierende Weltmeisterteam hat aber das Beste aus seinen Möglichkeiten gemacht und den F1 W08 für die Charakteristik des Circuit de Spa-Francorchamps zugeschnitten.
Der obere Flap am Frontflügel des Mercedes wurde entfernt. Die Veränderung ging einher mit einem löffelförmigen Heckflügel für wenig Abtrieb. Diese Anpassungen und einige andere im Vorlauf zum Grand Prix von Belgien vorgenommene Veränderungen werden in der folgenden Animation des Mercedes F1 W08 beleuchtet:
Indes hatte Ferrari in Spa einen neuen Frontflügel dabei, der voraussichtlich auch in Monza eingesetzt wird. Diese kommt ohne den dreieckigen Flap an der Oberseite der seitlichen Endplatte aus.
Grund für die Änderung am Ferrari-Frontflügel: Auf schnellen Strecken ist der Wirbel, der von den Vorderreifen erzeugt wird, ein anderer als auf langsamen Strecken. Würde man mit der identischen Flügelkonfiguration fahren, hätte dies zur Folge, dass das Auto bei hohen Geschwindigkeiten nicht mehr so effizient funktioniert.
Aus diesem Grund beließ es Ferrari in Spa nicht bei der Änderung am Frontflügel. Vielmehr zogen sich die Veränderungen nach hinten durch. Auch der Unterboden wurde im Bereich vor den Hinterreifen verändert. Auch hier sollte der sich gegenüber dem vorangegangenen Rennen auf dem Hungaroring verändernde Luftwirbel der Reifen so effektiv wie möglich genutzt werden.
Wie das Bild zeigt, wies der Unterboden des Ferrari SF70H in Spa 6 Einschnitte in diesem Bereich auf. Zu Saisonbeginn waren es deren 3 gewesen, am Ungarn-Wochenende deren 7. Eine weitere Neuerung neben dem Entfernen eines Einschnitts war die Anbringung eines kleinen Zusatzflügels (roter Pfeil und im Kreis gelb markiert).
Letztgenannte Änderung ist nichts grundlegend Neues. Mercedes fährt am F1 W08 bereits seit Barcelona mit einer ganz ähnlichen Lösung.
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