Regelmäßig in Japan: So kämpft Berger um DTM-Rettung
Die DTM steht nach dem Aston-Martin-Aus ohne dritten Hersteller da: Wie Gerhard Berger die Serie retten will, wie Audi und BMW reagieren und welche Auswege es gibt
Wie geht es mit der DTM nach dem Ausstieg von Aston-Martin-Lizenznehmer R-Motorsport weiter? Die traditionsreiche Tourenwagenserie hat durch die Hiobsbotschaft gleich vier Boliden verloren und ist auf die zwei Hersteller Audi und BMW zusammengeschrumpft. 14 statt 18 Autos - eine besorgniserregende Perspektive für die Saison 2020.
Hat der Ausstieg DTM-Chef Gerhard Berger auf dem falschen Fuß erwischt? "Der Schritt von R-Motorsport kommt zu einem späten Zeitpunkt", sagt der Österreicher. "Wir sind von einem längeren DTM-Engagement des Teams ausgegangen."
Doch obwohl die neue DTM-Saison bereits in 90 Tagen in Zolder gestartet wird, macht Berger den Fans Hoffnung darauf, dass nicht nur Audi und BMW am Start stehen werden. "Wir befinden uns in guten Gesprächen mit mehreren Automobil-Herstellern und Teams - und sind uns sicher, dass wir den DTM-Fans auch in der Saison 2020 ein volles Starterfeld präsentieren werden."
Helmut Marko: Berger will japanischen Hersteller gewinnen
Die treue Fangemeinde der DTM habe es "verdient, dass wir diese Herausforderung mit voller Kraft annehmen und auch meistern werden". Aber woher nimmt Berger diesen Optimismus? Und auf welche Hersteller spielt der Österreicher an?
Auch bei der Formel 1 in Spielberg suchte Berger den Kontakt zu Honda
Foto: LAT
"Gerhard ist ja schon fast so oft in Japan wie ich, also nehme ich an, dass er versucht, einen japanischen Hersteller zu gewinnen", gab Red Bulls Motorsportkonsultent Helmut Marko noch vor dem R-Motorsport-Ausstieg im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' einen Hinweis, worauf sich die Bemühungen seines Landsmannes und langjährigen Weggefährten konzentrieren.
Warum es keine japanischen Autos in der DTM gibt
Laut Informationen von 'Motorsport.com' ist Berger schon länger bewusst, dass das Aston-Martin-Aus bevorstehen könnte. Die Möglichkeiten, kurzfristig einen Ersatz zu finden, halten sich aber in Grenzen: Neben den Aston-Martin-Boliden, die sich im Besitz von HWA befinden, gibt es nur die neuen Super-GT-Autos von Honda, Toyota und Nissan, die durch das gemeinsame Class-1-Reglement Stand heute für einen Einsatz in der DTM infrage kommen.
Und die japanischen Hersteller haben sich in der Vergangenheit stets dagegen gewehrt, dass europäische Privatteams deren Boliden in der DTM einsetzen, obwohl es in den vergangenen Jahren sogar Interessenten gegeben hätte, wie 'Motorsport.com' aus zuverlässiger Quelle erfahren hat. Es ist also gut möglich, dass Bergers Fokus zuletzt darauf lag, diese Abneigung der Japaner aufzuweichen, zumal davon die gemeinsame Class-1-Zukunft abhängt.
Dass der Einstieg eines neuen Herstellers in der DTM derzeit nur über Japan führt, wissen auch Audi und BMW. "Die ITR und hier besonders Gerhard Berger sind momentan in intensiven Gesprächen mit möglichen Teams und Herstellern", kommentiert Audi-Sportchef Dieter Gass den Ausstieg von R-Motorsport, den er laut eigenen Angaben "bedauert".
So reagieren Audi und BMW auf das R-Motorsport-Aus
"Wir wissen, dass es keine leichte Aufgabe ist, dies in den verbleibenden drei Monaten bis zum Saisonstart zu schaffen, aber wir sind sicher, dass wir auch in der Saison 2020 den DTM-Fans ein attraktives Starterfeld präsentieren können."
Und auch BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt drückt nach der Hiobsbotschaft sein "Bedauern" über das R-Motorsport-Aus aus. "Das ist schade, denn das Team hat die Serie 2019 definitiv bereichert." Die veränderte Gesamtsituation für die DTM werde man nun "mit der ITR genau analysieren".
Dritter Hersteller als Bedingung
Das betrifft auch das Agreement zwischen ITR, Audi und BMW, dass in der DTM - abgesehen von einem möglichen Übergangsjahr - drei Hersteller am Start sein müssen. "Grundsätzlich bieten sich mit dem internationalen Class-1-Reglement, der geplanten Hybridisierung der Motoren sowie der Vision einer vollelektrischen Serie viele gute Perspektiven. Um das Potenzial der Serie jedoch mittel- und langfristig voll ausschöpfen zu können, ist die Teilnahme weiterer Hersteller essenziell", bestätigt Marquardt.
Bisher sträubten sich die Japaner gegen Einsätze ihrer Autos in der DTM
Foto: LAT
Auch er setzt seine diesbezüglichen Hoffnungen in die Tatsache, dass Honda, Toyota und Nissan ebenfalls auf das Class-1-Reglement setzen. "Welche Tragweite diese internationale Perspektive für die DTM hat, konnten wir 2019 bei den gemeinsamen Events in Hockenheim und Fuji mit den japanischen Herstellern erleben. Daran gilt es nun anzuknüpfen und zugleich kurzfristige Lösungen mit Blick auf die Saison 2020 zu erarbeiten. BMW wird die ITR auf diesem Weg auch weiterhin nach Kräften unterstützen."
Autotausch oder Notfallplan?
Eine Möglichkeit, um die Super-GT-Hersteller dazu zu bringen, einen Einsatz ihrer Autos in der DTM durchzuführen oder zumindest zu ermöglichen, wäre ein angedachter Autotausch. Das würde bedeuten, dass Audi oder BMW Autos über ein japanisches Partnerteam in der Super-GT-Serie einsetzt, während im Gegenzug japanische Boliden in der DTM an den Start gehen. Das würde beiden Serien zu mehr Markenvielfalt verhelfen.
Sollte ein derartiger Plan nicht umsetzbar sein, bliebe noch die Möglichkeit, zusätzlich zu den acht Audi- und den sechs BMW-Boliden die beiden Testträger einzusetzen und das Feld von 14 zumindest auf 16 Autos zu vergrößern. Ein Notfallplan, der in Kraft getreten wäre, hätte sich der R-Motorsport-Einstieg von 2019 auf 2020 verzögert.
Wie 'Motorsport.com' berichtete, ist der Einsatz eines siebten Boliden bei BMW bereits angedacht: Robert Kubica könnte in einem Kunden-M4 an den Start gehen. Und bei Audi könnte man so Jonathan Aberdein, der sonst als Werksfahrer am Abstellgleis geparkt wäre, doch noch zu einem DTM-Stammcockpit verhelfen. All das ist aber natürlich auch eine finanzielle Frage, denn Audi und BMW müssen 2020 trotz der schwierigen Umstände sparen.
Mit Bildmaterial von Sutton.
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