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Formel 1 Melbourne

Vor Melbourne: Hat McLaren den Tiefpunkt schon hinter sich?

Wie McLaren-Teamchef Andreas Seidl und Daniel Ricciardo die Ausgangslage vor dem dritten Formel-1-Rennen 2022 und McLarens Chancen in Melbourne bewerten

Sechs Punkte aus zwei Rennen sind vielleicht mehr, als McLaren nach Abschluss der Formel-1-Wintertests erwartet hatte. Denn bei den Probefahrten vor Saisonbeginn 2022 war deutlich geworden: Der MCL36-Mercedes ist nicht schnell genug, technisch liegt einiges im Argen. Das hat der Auftakt-Grand-Prix in Bahrain bestätigt. Das zweite Rennen in Dschidda aber verlief schon besser. Wo also steht McLaren vor dem dritten Saisonlauf in Melbourne?

Daniel Ricciardo glaubt, bei seinem Heimrennen in Australien könnte McLaren ähnlich auftreten wie zuletzt in Saudi-Arabien. Begründung: "Melbourne wird [nach dem Umbau] flüssig und wieder ziemlich schnell zu fahren sein. Vielleicht kommt uns das erneut entgegen, vielleicht kämpfen wir um Punkte."

Denn die McLaren-Form in Dschidda habe schon wesentlich besser ausgesehen als davor in Sachir, was laut Ricciardo eine Vermutung zulässt: Die jeweilige Streckencharakteristik könnte maßgeblich zur Leistungsfähigkeit des MCL36 beitragen. "[Deshalb] hoffe ich wirklich, dass Bahrain ein Ausreißer war", meint Ricciardo.

Weiter sagt der McLaren-Fahrer: "Dschidda hat uns da in die Karten gespielt. Wir hatten ja noch nicht mal ein paar unserer Baustellen richtig bearbeitet, das Bremsenthema zum Beispiel."

Die bisherigen Ergebnisse von McLaren 2022

Und doch war McLaren beim zweiten Saisonlauf in Saudi-Arabien wesentlich besser platziert: Im Qualifying erzielten Lando Norris und Ricciardo die Plätze elf und zwölf, knapp eine Sekunde hinter der Bestzeit in Q2. In Bahrain war Norris im Qualifying mit 1,2 Sekunden Rückstand 13. geworden, Ricciardo gar mit 1,5 Sekunden Rückstand schon in Q1 ausgeschieden.

Wenn es seinem Team also gelänge, in Melbourne an die Leistung aus Dschidda anzuknüpfen, dann wäre das für Ricciardo schon ein Erfolg. Nachsatz: "Das klingt nicht besonders ehrgeizig, aber das ist halt aktuell unsere Ausgangslage. Bis wir ein paar größere Updates kriegen, feiern wir alles in den Top 10 wie einen kleinen Sieg."

Dschidda: McLaren präsentiert sich "deutlich besser"

Den siebten Platz von Norris in Dschidda zum Beispiel, den ersten McLaren-Lichtblick in diesem Jahr, hält auch McLaren-Teamchef Andreas Seidl für "positiv", nachdem sein Rennstall nur eine Woche zuvor in Bahrain noch überhaupt keine Rolle gespielt habe.

Die McLaren-Form sei in Saudi-Arabien schon "deutlich besser" gewesen, "weil wir dann auch am Schluss mit AlphaTauri haben kämpfen können, mit Alpine auf der Strecke, was letzte Woche noch nicht möglich [gewesen] war", so Seidl. "Wichtig ist jetzt einfach, dass wir diesen Aufwärtstrend fortsetzen."

Pierre Gasly, Lando Norris, Lance Stroll

McLaren mittendrin: Lando Norris beim Saudi-Arabien-Grand-Prix in Dschidda

Foto: Motorsport Images

Gleichzeitig fordert Seidl aber auch "Geduld" ein. Denn vieles, was McLaren derzeit einbremse, werde sich nicht über Nacht lösen lassen, wenngleich man inzwischen wisse, wo die Schwachstellen des MCL36 liegen.

McLaren-Probleme treten schon bei den Wintertests auf

Schon "beim Test in Bahrain" sei man auf größere Probleme gestoßen, sagt Seidl. "Da wurde deutlich, dass wir nicht so konkurrenzfähig waren wie erhofft. Wir erkannten, es fehlt etwas. Wir mussten dann aber das erste Qualifying abwarten, wenn jeder mit leerem Tank fährt, mit voll aufgedrehtem Motor. Da siehst du, wo du stehst. Das war dann aber nur eine Bestätigung für uns."

Und die bittere Erkenntnis daraus ist: "Es fehlt Grip. Das ist die Folge aus zu wenig mechanischem Grip und [zu wenig] aerodynamischem Abtrieb", erklärt Teamchef Seidl.

Der McLaren MCL36 sei also mit einem grundlegenden Defizit in die Saison gegangen. Das habe das Team inzwischen "akzeptiert", meint Seidl. Man müsse anerkennen: "Andere Teams haben im Winter bessere Arbeit geleistet wie wir. Deshalb befinden wir uns in dieser Situation. Darüber muss man sich im Klaren sein."

Wie McLaren auf den "Fehlstart" in die Saison reagiert

Doch das dürfe auf keinen Fall bedeuten, dass man angesichts der Ausgangslage in Lethargie verfalle. "Wir müssen den Frust darüber jetzt in Energie umwandeln, um schnellstmöglich zurückzuschlagen", sagt Seidl.

Die Mannschaft um Technikchef James Key analysiere deshalb im Werk sämtliche Daten aus Bahrain und Saudi-Arabien "mit Nachdruck, um zu erfahren, wie wir so schnell wie möglich mit dem Auto vorankommen", so der Teamchef. "Es fehlt an Leistung und an Grip. Und wir arbeiten jetzt die nächsten Schritte aus, damit wir da hinkommen, wo wir hinwollen."

Die "nicht optimale Zwischenlösung" an der Bremse

Einen Zwischenschritt auf diesem Weg ist McLaren bereits in Bahrain gegangen: An der Vorderrad-Bremse hat man die Kohlefaser-Ummantelung der Bremsscheibe gegen eine Metallumfassung ausgetauscht, um die dort entstehenden Temperaturen besser kontrollieren zu können.

Das bezeichnet Seidl selbst als eine "nicht optimale Zwischenlösung", weil nach den Probefahrten und vor dem ersten Grand Prix kaum Zeit gewesen sei für einen noch größeren Umbau. Und: McLaren habe dafür "Kompromisse und Verzögerungen" bei der weiteren Entwicklung des MCL36 in Kauf nehmen müssen, erklärt der Teamchef.

Vergleich der Vorderrad-Bremsen am McLaren MCL36 aus der Formel-1-Saison 2022

Vergleich der Vorderrad-Bremsen am McLaren MCL36 aus der Formel-1-Saison 2022

Foto: Giorgio Piola

Das unerwartet aufgetretene Bremsproblem habe "einige Ressourcen" gebunden, "die wir lieber gerne für die Leistungsentwicklung eingesetzt hätten". Dass McLaren habe umplanen müssen, sei "definitiv nicht ideal" gewesen. Doch dafür und für die generelle Situation gelte: "Das müssen wir jetzt akzeptieren."

"Krisenmodus" wieder abgeschaltet bei McLaren

"Das Schöne an diesem Sport ist doch, dass dir die Rundenzeiten sagen, wo du stehst", meint Seidl. Die bisherigen Ergebnisse seien daher "natürlich enttäuschend" für McLaren. "Wir wollten einfach an den positiven Trend anknüpfen. Jetzt braucht es Kampfgeist."

Es sei aber nicht alles verloren, was McLaren unter seiner Regie an Aufbauarbeit geleistet habe. "Zwei oder drei Jahre lang haben wir gewisse Grundlagen gelegt bei der Organisation und der Arbeitskultur im Team. Darauf müssen wir jetzt aufbauen", sagt Seidl.

Eben diese Grundlagen haben laut Ricciardo dabei geholfen, den "Krisenmodus" direkt nach Bahrain wieder abzuschalten. Jetzt seien andere Qualitäten gefragt: "Man muss mental ruhig und bei Verstand bleiben."

"Wenn wir in zwei Rennen um die Top 5 fahren, dann ist das ein Bonus. Wir sind aber nicht auf der Suche nach drei, vier Zehnteln, sondern liegen über eine Sekunde zurück, wenn wir um den Sieg kämpfen wollen. Das holst du nicht auf über Nacht. Es braucht also Geduld. Und das ist wichtig für die Stimmung im Team."

Warum Ricciardo dennoch Siege für möglich hält

Der Australier plädiert also, ähnlich wie Teamchef Seidl, auf Erwartungsmanagement. Der Erfolg bei McLaren werde sich einstellen, "nur halt etwas später als gewünscht", so formuliert es Ricciardo.

Er traue dem MCL36 sogar zu, 2022 zum Siegerauto zu werden. "Ich wäre da nicht überrascht. Denn ich glaube weiter ans Team und den Fortschritt, den wir [in den vergangenen Jahren] hingelegt haben."

Daniel Ricciardo

Daniel Ricciardo im McLaren MCL36: Ein potenzielles Siegerauto in der Saison 2022?

Foto: Motorsport Images

Doch nach dem Notfall-Eingriff an der Bremse müsse nun mehr passieren als nur Kosmetik am Formel-1-Auto, betont Ricciardo. Er spricht davon, dass es nach Dschidda eine "Trendwende" brauche. Dabei sei vor allem Seidl gefordert: "Er ist in diesem Punkt einer der Besten."

Und McLaren brauche Zeit. "Also sprechen wir uns in einem halben Jahr nochmal", sagt Ricciardo. "Und vielleicht bin ich dann nicht überrascht, wo wir dann stehen."

Seidl: Größere Updates ja, aber nicht sofort

Von einem konkreten Plan will Seidl an dieser Stelle nicht sprechen, erwähnt aber "größere Updates", mit denen McLaren den Anschluss zum vorderen Mittelfeld herstellen will. Unmittelbar bevor stünden diese Neuerungen aber nicht: "Das dauert noch ein bisschen. Wir müssen noch geduldig sein", sagt der Teamchef.

Seidl sagt aber auch: "Gleichzeitig sind wir ehrgeizig und geben alles, damit unsere Fans mit uns schon in Kürze wieder mehr zu feiern haben." Und wieder gebraucht er die Formulierung "Aufwärtstrend fortsetzen".

Auch der Mercedes-Antrieb leistet seinen Beitrag - oder nicht

An dieser Stelle komme auch McLaren-Partner Mercedes ins Spiel. Denn im Vergleich zum Ferrari-Antrieb scheint es der Sternmarke in diesem Jahr an Leistung zu fehlen, was auf die Mercedes-Kundenteams wie McLaren abstrahlt. Es liegt also womöglich nicht nur am eigenen Chassis, sondern auch an der Power, die Mercedes bereitstellt.

Oder wie es Ricciardo ausdrückt: "Es ist kein Geheimnis, dass Mercedes noch Luft nach oben hat. Ich vertraue Mercedes aber, dass sie mehr und mehr Leistung rausholen. Da sind wir in den besten Händen. Und wir sollten erst einmal das angehen, was wir selbst in der Hand haben", so meint er.

Und das sind vor allem die großen Datenmengen aus Bahrain und Saudi-Arabien. Die sollen dabei helfen, den Rückstand wettzumachen, den sich McLaren durch die Bremsprobleme bei den Testfahrten eingehandelt hat. "Wir haben zum Beispiel [in Bahrain] erst beim Rennwochenende festgestellt, was andere schon vorher gelernt haben", sagt Seidl. Ob diese Lektionen schon in Melbourne erste Früchte tragen? "Abwarten!"

Weiterer Co-Autor: Cooper , Noble . Mit Bildmaterial von Motorsport Images.

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